Referenz von Dr. R. Muster (Patin im Kinderhilfswerk Plan)

Sie rollt um zu helfen
Ungewöhnlich in der Thematik, aufrüttelnd in der Botschaft, kindgerecht in der Aufmachung zeigt sich dieses Kleinod an Märchenroman, der auf jeden Fall auch eine interessante Lektüre für junggebliebene Erwachsene ist. Hauptperson dieser Erzählung ist eine personifizierte 1-Euro-Münze, die mit ihrer glockenhellen Stimme mit Kindern spricht, in Abenteuer verwickelt wird und als fühlendes Wesen auf den Lauf der Dinge Einfluss nimmt. Als junge Münze geht Nuria auf eine Münzen-Schule, in der sie rechnen, reden, rollen lernt. Im Religionsunterricht berichtet ihr der Lehrer Goldmund in schönen Worten, wie Gott alle Lebewesen geschaffen hat, damit sie Freude aneinander haben (S. 31). Nuria spürt, ihre Berufung ist es, die Menschen auf wirtschaftlicher Ebene miteinander zu verbinden, mit dem Ziel, dass niemand Not leiden muss.
Draußen in der Welt erlebt Nuria die sparsame Isabel, einen Mann, der sein Geld bei Pferdewetten verspielt und einen kleinen Jungen, der sie an seine beste Freundin als sprechende Münze verschenkt. Zu diesem Zweck fasst er sie auf Anraten seiner Großmutter als Schmuckmünze ein - aber Nuria träumt sich woanders hin: in die Hände eines kleinen afrikanischen Mädchens, die in einer Bäckerei um Brot für ihre schwangere Mutter und ihren Bruder bittet - nur hat sie leider kein Geld. Nurias Sehnsucht, zu dem Mädchen zu gelangen, ist groß (S. 78). So richtig glücklich als Schmuckmünze kann sie daher nicht werden, obgleich sie das Mädchen namens Christine mag, die sie um den Hals trägt. In einer dramatischen Szene im Inneren eines Computers, in den sie hineingefallen ist, erfährt sie von ihren virtuellen Kameraden, die um den Globus sausen, dass diese sich ebenso wünschen, auch zu den ärmeren Menschen zu gelangen. Ein hochkarätiger elektronischer "Geldschein" erzählt, der schönste Moment seines Lebens sei gewesen, als er einmal gespendet wurde und sich sehr viele Menschen gutes Essen, warme Schuhe und Bücher mit ihm kaufen konnten (S. 93-94).
Nuria fasst sich, als sie wieder aus dem Computer befreit ist, ein Herz und berichtet ihrer Freundin Christine, dass sie wieder in Umlauf gelangen möchte, um nicht länger eine Schmuckmünze zu bleiben, sondern den Austausch der Güter und Leistungen der Menschen untereinander zu ermöglichen. Ihr allergrößter Wunsch wäre es, als erstes in eine bestimmte Spendenbüchse zu gelangen, denn auf ihr befindet sich ein Foto des afrikanischen Mädchens, von dem sie geträumt hatte! (S. 103) Christine ermöglicht Nuria, ihren selbstgewählten schönsten Daseinsinn in Erfüllung gehen zu lassen (S. 105). In der Spendenbüchse macht Nuria die Bekanntschaft mit vielen anderen Münzen und Scheinen, die durch die soziale Gesinnung ihrer letzten Besitzer angesprochen und inspiriert wurden. Die Geldstücke erzählen sich gegenseitig, was ihre Besitzer sich mit der Spende für ferne Länder erhofft haben und sind voller Freude, dass sie Hilfe zur Selbsthilfe leisten dürfen (S. 106).
"Die Münze Nuria" ist ein Buch, das auf bezaubernde Weise nachdenklich macht. Vierzig farbenfrohe, prächtige Illustrationen von Fabienne Rieger verleihen der Erzählung Lockerheit und Leichtigkeit. Sie richtet sich an Menschen von 8 bis 108 Jahren. Bei kindlichen Lesern ist dieses Buch auch eine Vorbeugung gegen Jugendverschuldung, da der Wert jeder einzelnen kleinen Münze emotional erfahrbar wird.
"Die Münze Nuria" vermag Menschen generationenübergreifend miteinander zu verbinden und zu zeigen, worauf es beim Wirtschaften eigentlich ankommt. Und wie sehr es glücklich machen kann, wenn man durch Schenken Leben zu retten vermag.
Dr. R. Muster