Rezension von Prof. Dr. Anselm Ernst
(Üben & Musizieren 1/2002)
Sylvia Führer / Manfredo Zimmermann: Blockflötenunterricht mit Kindergruppen - Lehrerhandbuch für kreativen Anfangsunterricht.

Der Blockflötenunterricht besitzt an den Musikschulen einen erstrangigen Stellenwert im Bereich der Unterstufe. Die große Anzahl gelungener Unterrichtswerke beweist, dass man sich der besonderen musikpädagogischen Aufgaben im instrumentalen Frühunterricht bewusst ist. Um so erstaunlicher muss deshalb die Tatsache erscheinen, dass neben den zahlreichen und unterschiedlichen Schulen meines Wissens noch keine zusammenfassende didaktisch-methodische Darstellung verfasst wurde. Es entspricht sicherlich dem Bedürfnis aller Blockflötenlehrkräfte, ein Kompendium des Blockflötenunterrichts für die Unterstufe in Händen zu haben.
Sylvia Führer legt nun eine Publikation vor, welche die aufgezeigte Lücke bestens zu schließen vermag. Sie hat für ihr Unterrichtskompendium zurecht den Titel Blockflötenunterricht mit Kindergruppen. Lehrerhandbuch für kreativen Anfangsunterricht gewählt. Führer hat einerseits eine Vielzahl von fantasievollen Spielen für die verschiedenen Lernbereiche entwickelt. Andererseits richtet sie ihre musikpädagogischen und blockflötenmethodischen Bemühungen bewusst und zielstrebig auf den Unterricht mit Kindergruppen aus. Denn der Gruppenunterricht ist nicht nur die für dieses Instrument vorherrschende Unterrichtsform. Er bedarf auch einer ausdrücklichen positiven Wertung und einer umfänglichen praktischen Anleitung.
Genau dies hat die Autorin geleistet, indem sie ihre Spiele und Übungen, ihre methodischen Vorschläge und didaktischen Überlegungen speziell auf die konkrete Situation des Gruppenunterrichts zugeschnitten hat. Der klar strukturierte und sinnvoll aufgebaute Text geht im ersten Kapitel zunächst auf eine Frage ein, die jede Lehrkraft bei der Aufnahme neuer SchülerInnen bedrängt: Wie fange ich an? Mit einer Fülle origineller Vorschläge vermag Führer zu zeigen, dass keineswegs aller Anfang schwer ist, sondern dass man die Kinder spielerisch und gewissermaßen leichthin ins Blockflötenspiel einführen kann. Gemeinsam Musizieren, Singen, Sprechen, Bewegen, Improvisieren, Körpersensibilisieren, Spiele wie "Gespenstergeheul", "Flötenflüstersprache", "Telefon", "Dirigieren", "Vogelnest" etc. sprechen nicht nur unmittelbar die Vorstellungs- und Erlebniswelt der Kinder an. Sie vermögen auch durch ihre Ausführungsform die Kinder zusammenzubringen, so dass sie sich möglichst rasch zu einer Spiel- und Lerngruppe entwickeln können.
Erfahrene Lehrkräfte wissen, dass einzelne Kinder in der Gruppe oft deshalb nicht ihr opti-
males Lerntempo erreichen, weil die Lehrperson einseitig eine bestimmte Vermittlungsweise bevorzugt. Diesem Problem möchte Führer dadurch begegnen, dass sie im zweiten Kapitel eindringlich die drei gängigen Lerntypen vorstellt, wie sie bereits in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts durch den französischen Arzt Charcot unterschieden wurden. Fallbeispiele veranschaulichen den visuellen, den auditiven und den taktil-kinästhetischen Lerntyp. Konsequent werden Spiele und Übungen so weit als möglich den Lerntypen zugeordnet.
Gelingender Gruppenunterricht sucht fortwährend dem Anspruch gerecht zu werden, immer alle Kinder ins Unterrichtsgeschehen zu integrieren, sie vor allem gemeinsam lernen, spielen, musizieren zu lassen. Die Übungen und Spiele sind deshalb folgerichtig als echte Gruppenaktionen strukturiert, d.h. sie sind methodisch so angelegt, dass die Kinder miteinander spielen und üben, Rollen verteilen, Aufgaben selbstständig wählen und generell in Beziehung zueinander gebracht werden. Die sorgfältige und ausführliche Behandlung von Schwerpunkten wie Körperschulung, Spieltechnik, Rhythmusschulung, Improvisation, Auswendigspiel, Gehörbildung oder Üben lässt erkennen, dass es der Autorin auch um die Verknüpfung des Blockflötenunterrichts mit dem elementaren und reichhaltigen Musizierrepertoire der Musikalischen Früherziehung geht. Insofern vermittelt sie ein eigenständig entwickeltes Rüstzeug für eine fundamentale und breit angelegte musikalische Bildung der Kinder.
Anselm Ernst